Der Auftragnehmer hat ein Interesse daran, nach Ablauf der Gewährleistungszeit die Bürgschaft für die Mängel schnell wieder ausgehändigt zu bekommen. Denn er muss für jeden Tag Avalkosten an den Bürgen(Bank, Versicherung) zahlen. Außerdem wird sein Avalkonto unnötig belastet und er hat evtl. sogar Schwierigkeiten, neue Bürgschaften zu bekommen.

Wann muss der AG die Bürgschaft zurückgeben?

Der AG darf die Bürgschaft nur während der Zeit der Gewährleistung behalten. Unmittelbar nach deren Ablauf muss er sie zurückgeben.

Muss der AG die Kosten erstatten, die dem AN entstehen, wenn der AG sie nicht sofort zurückgibt?

Bei den Kosten, die dem AN entstehen wie z.B. die Avalkosten oder die Kosten eines Rechtsanwalts für die Anforderung der Bürgschaft, handelt es sich um einen Schadenersatz wegen Verzugs. Wenn der AG also im Verzug mit der Rückgabe ist, muss er die Kosten tragen.

Ist der AG nicht schon im Verzug, wenn er die Bürgschaft nach Ablauf der Zeit nicht zurückgibt?

Nein!

Für einen Verzug ist es unbedingt erforderlich, dass der AG zur Herausgabe innerhalb einer bestimmten Frist aufgefordert wird. Der AN muss dem AG also eine „normale“ Mahnung schicken.

Und wenn diese Frist abgelaufen ist, liegt Verzug vor und der AG muss die Kosten tragen?

Wiederum nein!

Das Problem, das weithin unbekannt ist, liegt darin, dass es sich bei der Rückgabe der Bürgschaft um eine sogenannte Holschuld handelt. Das bedeutet, dass der Gläubiger, hier also der AN, verpflichtet ist, die Bürgschaft bei dem Schuldner, nämlich dem AG, abzuholen. Der AG muss sie nur zur Abholung durch den AN bereithalten. Anders wäre es, wenn die Rückgabe der Bürgschaft eine Schickschuld (auch bezeichnet als: Bringschuld) wäre. Dann müsste der AG aktiv werden und die Bürgschaft an den AN zurückschicken, sie ihm bringen.

Weil es sich also um eine Holschuld handelt, kommt der AG nicht mit der bloßen Aufforderung zur Rückgabe in Verzug. Der AN muss gleichzeitig seine Bereitschaft erklären, die Bürgschaft bei dem AG abzuholen. Dazu gibt er einen bestimmten Termin an und fordert den AG auf zu erklären, dass der AN die Bürgschaft zu diesem Termin abholen könne. Reagiert der AG nicht oder liegt an dem angegebenen Termin die Bürgschaft nicht bereit, ist der AG im Verzug. Dann – und nur dann! – muss er auch die Kosten, die dem AN für die nicht rechtzeitige Rückgabe entstehen, tragen.

Gibt es keine andere Möglichkeit als dieses komplizierte Verfahren?

Das Verfahren ist sicher aufwendig, aber nicht zu vermeiden, wenn man nicht vorgesorgt hat. Der AN sollte unbedingt schon bei Abschluss des Vertrags die Rückgabe der Bürgschaft regeln. Er sollte mit dem AG vereinbaren, dass dieser die Bürgschaft sofort nach Ablauf der Gewährleistungsfrist an den AN zurückschickt. Die Rückgabe der Bürgschaft sollte also als Schickschuld/Bringschuld festgelegt werden. Dann reicht die einfache Aufforderung mit Fristsetzung zur Rückgabe der Bürgschaft aus. Hält der AG die Frist nicht ein, ist er im Verzug und muss die Verzugskosten des AN erstatten.