Sachverhalt:
In § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B ist geregelt, dass die Verjährungsfrist um maximal 2 Jahre verlängert wird, wenn der Auftraggeber vor Ablauf der ursprünglichen Gewährleistungszeit den Mangel schriftlich anzeigt. Das OLG Frankfurt/Main hat in seiner Entscheidung vom 30.04.2012 die Klage eines Auftraggebers auf Mängelbeseitigung wegen Verjährung abgewiesen. Es lag ein VOB-Vertrag vor. Der Auftraggeber hatte mit einfacher E-Mail Mängel gerügt und den Auftragnehmer zur Beseitigung aufgefordert. Erst 2 Jahre später verklagt er den Auftragnehmer auf Zahlung des Vorschusses für die Mängelbeseitigungskosten.

Urteil:
Das Gericht ist der Auffassung, eine einfache E-Mail erfülle nicht die Schriftform, die § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B vorschreibe, da die Unterschrift fehle. Nach dem BGB sei bei einer E-Mail die qualifizierte elektronische Signatur erforderlich, um die Schriftform einzuhalten.

Praxistipp:
Diese Rechtsauffassung wird heftig kritisiert. Sie dürfte tatsächlich unzutreffend sein. Die Einführung der „telekommunikativen Übermittlung“ in das BGB, die die bis dahin geregelte „telegraphische Übermittlung“ ersetzte, wurde u.a. damit begründet, dass die moderne Technik, wie z.B. E-Mail und Computerfax, die Übersendung einer Erklärung per Telegramm verdrängt habe. Ein Telegramm war für die Einhaltung der Schriftform ausreichend – obwohl es nicht unterschrieben werden konnte. Gleiches muss auch für die E-Mail gelten.

Diese Ansicht hat auch bereits das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 16.12.2009 vertreten.

Das bedeutet: Bei einem VOB-Vertrag reicht auch eine Mängelrüge, die der Auftraggeber per einfacher E-Mail an den Auftragnehmer schickt, um die Gewährleistung um 2 Jahre zu verlängern. (Anmerkung: Bei einem BGB-Vertrag gibt es diese Möglichkeit der Verlängerung der Gewährleistung durch schriftliche Rüge nicht!)

Leider ist dieses Problem noch nicht abschließend geklärt. Eine gewisse Unsicherheit, hervorgerufen durch das Urteil des OLG Frankfurt, besteht weiter. Wer den sicheren Weg gehen will, muss eine Mängelrüge also per E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur schicken oder ein unterschriebenes Schreiben scannen und dann per E-Mail verschicken.