Sachverhalt
Ein Auftraggeber (AG) benutzt für den Abschluss von Verträgen mit den Auftragnehmern (AN) des jeweiligen Projekts von ihm vorgedruckte Protokolle für die Vergabeverhandlungen. Wie üblich in diesen Fällen, werden die Leerstellen in diesen Formularen durch die Mitarbeiter des AG in den Vergabeverhandlungen ausgefüllt. Der Vordruck enthält auch eine Bestimmung über diverse Bauumlagen, zum Beispiel für die Nutzung sanitärer Einrichtungen, von Baustrom, Bauwasser, Gerüsten, Unterkünften, Erstellung des Bauschilds „und für die Entsorgung des Bauschutts/Abfalls“. Für alle Kosten wird eine „Kostenpauschale“ als Prozentbetrag von der Brutto-Abrechnungssumme vereinbart. Bei der Höhe des Prozentsatzes befindet sich im Formular ein Leerfeld, die bei den Verhandlungen ausgefüllt wird. Im vorliegenden Fall wurde ein Satz von 0,8 % eingetragen.

Der AN ist mit dem entsprechenden Abzug, den der AG von der Schlussrechnung vornimmt, nicht einverstanden und klagt die Auszahlung ein.

Urteil:
Das Gericht gibt dem AN Recht.

 AGB trotz Leerfeld
Zunächst stellt es fest, dass es sich bei der Regelung über die Kostenbeteiligung in dem vorgedruckten Vergabeprotokoll um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) handelt. Sie ist vom AG vorformuliert und soll bei zahlreichen Verträgen mit AN eingesetzt werden. Auch die Tatsache, dass die Klausel ein Leerfeld enthält, das erst noch ausgefüllt werden muss, ändert daran nichts. Auch ein Lückentext, der mit Beträgen, Terminen, Prozentzahlen, Namen oder ähnlichem vervollständigt wird, ist eine inhaltlich vorformulierte Bestimmung und damit eine AGB. Die Eintragungen in die Leerfelder ändern nichts an dem grundsätzlichen Inhalt der Klausel.

Abfallbeseitigung nicht ausgeführt: Werk des AN ist mangelhaft
Die Schuttumlage, also die pauschale (prozentuale) Verteilung auch der Kosten der Schuttbeseitigung auf den AN, benachteiligt ihn unangemessen. Bei einem Bauvertrag ist jeder AN verpflichtet, den von ihm verursachten Abfall selbst zu beseitigen. Wenn er dieser Pflicht nicht nachkommt, ist die von ihm geschuldete Werkleistung mangelhaft. §§ 634, 637 BGB BGB legen fest, dass der AG einen Mangel der Werkleistung erst dann selbst beseitigen darf und der AN die dafür entstandenen Kosten erstatten muss, wenn der AG eine Frist für die Beseitigung des Mangels gesetzt hat und diese Frist abgelaufen ist.

Schuttumlage ist unangemessene Benachteiligung
Durch die Schuttumlageklausel erhält der AG die Möglichkeit, Kosten für die Entsorgung des Bauschutts vom AN erstattet zu verlangen, ohne ihn vorher zur Beseitigung des Abfalls, den er verursacht hat, aufgefordert zu haben. Damit verstößt diese Klausel gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen zu den Mängelrechten des AG und benachteiligt den AN deshalb unangemessen.

Beseitigung fremden Abfalls
Da die Schuttumlage von allen AN verursachte Kosten der Abfallentsorgung auf der Baustelle prozentual auf die einzelnen AN umgelegt, wird ein AN damit eventuell auch zu Entsorgungskosten herangezogen, die gar nicht durch „seinen“ Schutt/Abfall entstanden sind. Auch ein Gewerk, dass seiner vertraglichen Pflicht, den von ihm verursachten Abfall zu beseitigen, vollständig nachgekommen ist, müsste sich trotzdem aufgrund der vereinbarten Pauschale an den Entsorgungskosten beteiligen.

Auch damit widerspricht die AGB-Klausel über die Schuttumlage den Grundgedanken des Gesetzgebers. Der AN wird also auch deshalb durch die Klausel unangemessen benachteiligt.

Unwirksame Schuttumlageklausel erfasst gesamte Kostenumlage
Die Regelung über die Schuttumlage ist durch die eine Pauschale für mehrere Kostenarten so eng mit den übrigen Kosten verbunden, dass die Unwirksamkeit der Schuttumlage auch die andern umzulegenden Kosten ergreift. Das gilt auch, wenn einzelne von diesen Kosten durchaus über eine Pauschale auf die AN verteilt werden dürfen.

Daher kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die gesamte Umlageklausel unwirksam ist. Deshalb war der entsprechende Abzug, den der AG von der Schlussrechnung des AN vorgenommen hat, unberechtigt. Er muss den abgezogenen Betrag an den AN auszahlen.

(OLG Brandenburg, Urteil vom 20.08.2020, AZ: 12 U 34/20)

 

Praxistipp:

Zu dem Thema „Umlageklauseln“ in einem Bauvertrag ist zu berücksichtigen, dass nicht jede Umlage anhand der Vorschriften, die für AGB gelten, geprüft werden darf.

Nicht jede Umlageklausel ist unwirksam!
Die Regelung in den AGB eines Bauvertrags, dass der AN anteilig Kosten für Baustrom, Bauwasser und/oder Bauleistungsversicherung tragen muss, ist zulässig. Sie wird als sogenannte Preisabrede angesehen. Darunter sind solche Vereinbarungen in einem Bauvertrag zu verstehen, mit der direkt eine Leistung und deren Preis geregelt werden soll. Preisabreden sind keine AGB und deshalb auch nicht wie AGB zu prüfen und gegebenenfalls unwirksam. Klares Beispiel für eine Preisabrede ist das LV eines Bauvertrags. Auch die dort getroffenen Regelungen (Leistungsbeschreibung, Einheitspreis) sind keine AGB und deshalb auch nicht unwirksam zum Beispiel wegen eines Verstoßes gegen wesentliche Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung. Preisabreden sind schlichtweg Ausdruck der Vertragsfreiheit.

Mit den Umlageklauseln für Baustrom, Bauwasser, Bauleistungsversicherung wird ein Preis vereinbart, den der AN dafür bezahlen muss, dass der AG die genannten Leistungen dem AN zur Verfügung stellt. Deshalb werden diese Klauseln als Preisabreden behandelt.

Bei der Schuttumlageklausel geht es nicht darum, dass der AG dem AN eine Leistung zur Verfügung stellt. Vielmehr soll schon im Vorwege eine pauschale Regelung für den Fall getroffen werden, dass der AN seiner vertraglichen Pflicht (Beseitigung des von ihm verursachten Abfalls) nicht nachkommt. Eine solche Klausel ist keine Preisabrede und daher als AGB zu behandeln.

Reine Umlageklauseln von Preisabreden trennen
Im vorliegenden Fall wäre nicht die gesamte Umlageklausel unwirksam, also die Schuttumlage einschließlich der Umlagen für Baustrom, Bauwasser etc., wenn der AG die Klauseln mit den Preisabreden (Baustrom, Bauwasser, Bauleistungsversicherung) von der Schuttumlageklausel getrennt hätte. Dazu hätte er am besten für jede Kostenart einen eigenen Prozentsatz ansetzen sollen. Dann wäre nur die Schuttumlageklausel unwirksam, nicht aber die anderen Vereinbarungen über eine pauschale Kostenbeteiligung des AN.