Mangelhafte Leistungen von Handwerkern sind ein zentrales Thema des Baurechts. Der sichere Umgang mit den Problemen ist sowohl für Auftraggeber als auch für ausführende Handwerker wichtig. Die folgenden fragen und Antworten sollen wichtige Aspekte, die in der Praxis am Bau immer wieder zu Schwierigkeiten führen, klären.

Was tun, wenn der Kunde einen Mangel rügt?

Der Kunde meldet einen Mangel:

Auf eine bloße Mitteilung eines Mangels muss der Auftragnehmer (AN) nicht reagieren, jedenfalls nicht aus rechtlicher Sicht. Sie hat nämlich keine rechtliche Wirkung.

 

Der Kunde setzt Frist zur Mängelbeseitigung

Ein Beispiel:

Ich habe festgestellt, dass die Wand im Esszimmer uneben gespachtelt ist und die Nähte der Tapeten im Flur sich öffnen. Bitte bessern Sie das bis zum 15. Dezember 2012 aus.

Der AN muss reagieren und sich um die Mängelbeseitigung kümmern. Es reicht eine Fristsetzung aus. Eine Nachfrist oder die Androhung sonstiger Schritte ist nicht erforderlich.
Wenn der AN die Frist versäumt, ist er im Verzug mit der Mängelbeseitigung. Er kann dann nicht mehr verlangen, dass er den Mangel selbst beseitigt. Vielmehr kann der Auftraggeber (AG) z.B. die notwendigen Arbeiten anderweitig in Auftrag geben. Die Kosten dafür hat der AN zu tragen.

Es ist strittig und noch nicht vom BGH geklärt, ob der Auftraggeber bei einem BGB-Vertrag schon vor der Abnahme die Beseitigung von Mängeln verlangen kann. Nach dem Wortlaut des Gesetzes dann der Auftraggeber erst nach der Abnahme Mängelansprüche geltend machen. Er muss also tatsächlich – sehenden Auges – abwarten, bis der AN fertig ist. Wenn dann der Mangel immer noch vorliegt, kann er die Beseitigung verlangen. Ist auch nicht unplausibel, weil es ja immer sein kann, dass der AN eben noch nicht fertig ist und daher den Mangel bzw. das, was der Auftraggeber als Mangel meint zu erkennen, laut seinem Plan im Laufe der Arbeiten bis zur Fertigstellung des Gesamtwerks beseitigt.

Tipp:
Wenn Auftraggeber Frist zur Mängelbeseitigung vor der Abnahme setzt, ihm am besten schriftlich erklären, dass der Zustand noch im Laufe der Arbeiten geändert wird. Und/oder ihn nach Beseitigung des Mangels zur „Teilabnahme“ bewegen, also zu seiner Erklärung, dass der Mangel jetzt beseitigt ist.

Beim VOB-Vertrag ist eine weitere Besonderheit zu beachten: Wenn sich der Mangel schon während der Arbeiten, also vor der Abnahme zeigt, muss der AG den Vertrag mit dem AN kündigen, bevor er einen Dritten mit der Mängelbeseitigung beauftragt. Erteilt er den Auftrag schon vorher, hat er keinen Anspruch auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten durch den AN.

 

Muss der AN sich auch dann um den Mangel kümmern, wenn noch nicht feststeht, dass er dafür verantwortlich ist?

Ja.
Der BGH sagt: Das Recht des AG, von einem für einen Mangel verantwortlichen AN zu fordern, wird grundsätzlich nicht dadurch eingeschränkt, dass die Verantwortlichkeit des AN bei der Inanspruchnahme noch unklar ist. (AZ: VII ZR 110/09, Urteil vom 02.09.2010).  In dem Urteil heißt es weiter, dass der AG nicht verpflichtet ist, vor der Beseitigungsaufforderung eine Ursachenforschung zu betreiben. „Es ist vielmehr Aufgabe des AN, Mängelbehauptungen zu prüfen und Grund und Umfang seiner Leistungspflicht selbst zu beurteilen.“

 

Wer trägt die Kosten der Untersuchung, wenn der AN feststellt, dass er nicht für den Mangel verantwortlich ist?

Weil er verpflichtet ist, der Mängelrüge nachzugehen (s.o.), hat er auch die Kosten für die Prüfung, ob seine Arbeit mangelhaft ist, zu tragen. Das gilt auch, wenn kein Mangel an den Arbeiten des AN festgestellt wird.

 

Kann der AN mit dem Kunden eine Vereinbarung über die Kosten bei unberechtigter Mängelrüge treffen?

Ja.
Eine solche Vereinbarung sollte sinnvollerweise vorher getroffen werden, da der AG hinterher keine Veranlassung hat, die Kosten zu übernehmen. 
Achtung:
Der AN darf den AG aber nicht zu einer solchen Erklärung zwingen, z.B. durch die Ankündigung, die Mängel nur dann zu prüfen, wenn der AG vorher eine Erklärung der Kostenübernahme abgibt für den Fall, dass der AN nicht für den Mangel verantwortlich ist (BGH VII ZR 110/09).

Tipp:
Schon im Bauvertrag eine solche Regelung vereinbaren. Es ist noch nicht geklärt, ob sie wirksam ist. Ich halte sie für wirksam, da es sich nicht um den Kerngehalt des Werkvertrags handelt. Ist aber zweifelhaft.

 

Wie viele Mängelbeseitigungsversuche muss der AG dem AN einräumen?

Unklar.

Das BGB und die VOB/B enthalten für den Werkvertrag keine Regelung über die Anzahl der Mängelbeseitigungsversuche, die dem AN zustehen. Bei einem Kaufvertrag hat der Verkäufer laut BGB zwei Versuche. Es ist unklar, ob auch der Handwerker auf zwei Versuchen bestehen kann oder ob sein Kunde schon nach einem misslungenen Versuch weitere Versuche des AN verweigern und stattdessen selbst einen Handwerker beauftragen darf. Es hängt auch davon ab, ob der AG nach dem ersten Versuch zu Recht den Eindruck haben muss, dass der AN es nicht schaffen wird, den Mangel zu beseitigen (fehlende Kenntnis/Kompetenz, fehlende handwerkliche Fähigkeiten seiner Mitarbeiter, fehlende Werkzeuge). Das muss aber der AG beweisen, wenn er dem AN die weitere Mängelbeseitigung verweigert.

Tipp:
Wenn die Mängelbeseitigung beim ersten Mal nicht gelungen ist, sollte der Handwerker seinem Kunden – am besten schriftlich – erklären, warum sie fehlgeschlagen ist, was er beim zweiten Versuch anders machen will und warum das klappen wird. Dann hat der Kunde es schwer zu behaupten, es lag an der fehlenden Kompetenz o.ä.

 

Muss der AN die Mängel beseitigen trotz Baustellenverbot?

Ja.
Ein vom Kunden ausgesprochenes Baustellenverbot z.B. nach Kündigung des Auftrags bedeutet nicht, dass er auf die Beseitigung der gerügten Mängel verzichtet. Der AN muss sich also trotzdem um die Mängelbeseitigung kümmern.

 

Muss der AN die Mängel beseitigen, wenn der AG die Besichtigung der Mängel verweigert?

Ja.
Auch die Verweigerung der Besichtigung der Mängel führt nicht zum Verlust des Nacherfüllungsrechts.

 

Darf der AG eine bestimmte Art der Mängelbeseitigung vorschreiben?

Nein.
Der Handwerker ist frei in seiner Entscheidung, wie er den Mangel beseitigt – es muss natürlich fachgerecht sein. Der Kunde kann im Normalfall auch nicht verlangen, dass der Handwerker vorher die Art und Weise der Nacherfüllung schildert (Nachbesserung Anstrich WDVS). Den Anspruch hat der Kunde nur bei z.B. technisch anspruchsvollen und schwierigen Mängelbeseitigungen oder bei Mängel an wesentlichen Bauteilen bzw. Gewerken (Dichtigkeit Dach / Keller, evtl. Beschichtung Balkon, Befestigung WDVS).

Ausnahmen:

  • der AG kann eine bestimmte Art der Nacherfüllung verlangen, wenn die Beseitigung des Mangels nur auf diese eine Art möglich ist
  • der AG kann die Art der Mängelbeseitigung, die der AN beabsichtigt, verweigern, wenn sie von vornherein als untauglich erscheint

 


Darf der Kunde die Zahlung der Rechnung verweigern, wenn Mängel vorliegen?

Der AG darf das Doppelte der voraussichtlich für die Mängelbeseitigung entstehenden Kosten von der Rechnung einbehalten bis zur Beseitigung der Mängel. Den darüber hinausgehenden Betrag muss er zahlen.

 

Muss der AG mehrere Angebote für die Mängelbeseitigungsarbeiten einholen?

Nein.

 

Muss der AG ein besonders preiswertes Angebot annehmen?

Nein.
Der AG muss sich bei der Auswahl des Dritten, der die Mängel beseitigen soll, wie ein vernünftiger Auftraggeber verhalten. Er darf die Arbeiten an denjenigen vergeben, bei dem er sicher ist, dass er die Mängel fachgerecht, in angemessener Zeit und zu einem Preis beseitigt, der dafür marktüblich ist. Dass der Preis für Mängelbeseitigungsarbeiten meist höher ist als der Preis für die ursprünglichen Arbeiten, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.

 

Wenn kein Mangel festgestellt wird oder wenn ein Mangel streitig ist,

….. sollten sich AG und AN verständigen, dass ein Sachverständiger beauftragt wird. Die Fragen, die er klären soll, können gemeinsam festgelegt werden. Man sollte sich auch darüber verständigen, wer in welchem Umfang die Kosten des Gutachtens trägt.

 

Darf  der Kunde das Gutachten eines vom Handwerker beauftragten Sachverständigen über die Mängel zurückweisen?

Nein.
Auch wenn das Gutachten ohne Kenntnis und ohne Beteiligung des AG zustande gekommen ist, ändert das an seinem Inhalt nichts. Der AG muss ich fachlich mit dem Gutachten auseinandersetzen wie mit jedem Gutachten eines vom Gericht oder eines gemeinsam bestellten Sachverständigen auch.

 

Der Mangel beruht auf einer fehlerhaften Arbeit des Vorgewerks

Der AN ist dann nicht zur Mängelbeseitigung verpflichtet, wenn er schon vor Beginn seiner Arbeiten die Leistung des Vorgewerks oder – allgemein – die Grundlage, auf der er seine Leistung erbringen soll, geprüft und Bedenken angemeldet hat. Voraussetzung ist, dass er die Probleme überhaupt hat erkennen können. Hat der AN nicht geprüft oder hat er keine Bedenken angemeldet oder hat er schon vor der Entscheidung des AG, dass trotzdem weitergebaut werden soll, weitergearbeitet, kann er sich nicht auf den Mangel des Vorgewerks etc. berufen.

Das gilt nicht nur bei einem VOB-Vertrag, sondern auch bei einem „ganz normalen“ BGB-Vertrag z.B. mit einem Privatkunden.

 

Der Mangel beruht auch auf einem Planungsfehler des AG oder seines Architekten

Der AN kann von dem Architekten oder dem AG eine Beteiligung an den Kosten der Mängelbeseitigung verlangen. Diese Beteiligung kann bis zu 100 % reichen.

Wenn der Kunde die Kosten für die Mängelbeseitigung verlangt, wird dieser Anspruch gleich um den Prozentsatz gemindert, der dem Verschulden „seines“ Architekten wegen der Fehlplanung entspricht.

 

Liegt auch dann ein Mangel vor, wenn der AN die Arbeit genau gemäß Auftrag ausgeführt hat?

Ja.
Der AN schuldet den Erfolg. Sein Werk muss die anerkannten Regeln der Technik einhalten und auch die Funktion erfüllen, die vereinbart ist oder die der AG erwarten kann. Sonst liegt ein Mangel vor. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er genau die beauftragten Arbeiten ausgeführt hat und mit diesen Arbeiten der Erfolg gar nicht herbeigeführt werden konnte (z.B. falsches Material ausgeschrieben, notwendige Leistungen in Ausschreibung vergessen). Auch dann muss der AN den Mangel beseitigen. Wenn er dafür aber zusätzliche Leistungen erbringen muss, die vorher nicht beauftragt waren, kann er eine zusätzliche Vergütung verlangen. Denn der AG hätte sie ja auch (ohnehin / sowieso) bezahlen müssen, wenn sie gleich mit ausgeführt worden wären. Daher spricht man von Ohnehin-Kosten oder Sowieso-Kosten.

Wenn der AG die Zahlung dieser Ohnehin-Kosten ablehnt, muss der AN die Mängel nicht beseitigen.

 

Der Mangel ist auf einen Materialfehler zurückzuführen

Der AN hat einen Anspruch auf Gewährleistung gegen den Verkäufer des Materials. Dieser Anspruch verjährt in 5 Jahren nach Ablieferung des Materials, da es sich um Baumaterial handelt. Bei sonstigen Sachen beträgt die Verjährung der Gewährleistung beim Kauf 2 Jahre.

Achtung:  Kaufleute müssen den § 377 HGB beachten! Danach müssen sie angeliefertes Ware unverzüglich nach Anlieferung prüfen und eventuelle Mängel gegenüber dem Verkäufer rügen. Sonst verlieren sie ihre Mängelrechte.

 

Muss der Verkäufer bei mangelhaftem Material auch die Aus- und Einbaukosten tragen?

Nein.
Der AN (Kaufmann) kann als Käufer von seinem Lieferanten nur die Lieferung von neuem mangelfreien Materials verlangen. Die Kosten für den Ausbau des mangelhaften und den Einbau des neuen Materials gehen zu Lasten des AN.

 

Wenn der Käufer aber ein Privatkunde (Verbraucher) ist, kann er vom Verkäufer auch die Erstattung dieser Kosten verlangen.