Sachverhalt:

Auftraggeber und Auftragnehmer sind sich nicht einig über die Berechtigung und Bezahlung von Mehrkosten für die technische Betreuung einer umfangreichen Mängelbeseitigung.

Besprechungsprotokoll

Nach einer Besprechung über die strittigen Fragen versandte der Auftragnehmer den Entwurf eines Besprechungsprotokolls. Er änderte das Protokoll teilweise auf Bitten eines Beteiligten. In dem Protokoll ist vermerkt, dass eine Teilzahlung von 71.400 EUR geleistet und über die Restzahlung noch eine weitere Vereinbarung getroffen wird.

Gegenbestätigung

Der Auftraggeber bat die Empfänger des Protokolls auf Auftraggeberseite um Bestätigung. Der Auftraggeber gab weder die Bestätigung ab noch leistete er die Zahlung.

 

Urteil:

Der Auftraggeber wird verurteilt, die 71.400 EUR zu zahlen.

Wirksamkeit der Bestätigung

Das Gericht ist der Auffassung, dass es sich im vorliegenden Fall bei der erbetenen Bestätigung nicht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die getroffene Vereinbarung handelt. Da der Inhalt des Protokolls vor der endgültigen Fassung zwischen den Parteien abgestimmt worden ist, gab es keine Unklarheiten mehr. Deshalb war für eine Bestätigung zur inhaltlichen Festlegung der Vereinbarung kein Raum mehr. Die Gegenbestätigung sollte nur dem Beweis dienen, dass das Bestätigungsschreiben des Auftragnehmers angekommen ist.

Unverzüglich widersprechen

In diesem Fall sind die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens anzuwenden. Diese sehen vor, dass der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens dessen Inhalt akzeptiert, wenn er nicht unverzüglich widerspricht. Ohne Reaktion des Empfängers wird eine Vereinbarung mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens bestandskräftig.

(OLG Frankfurt, Urteil vom 3. August 2016, 29 U 92/16)

 

Praxistipp:

 Handelsbrauch

Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist gesetzlich nicht normiert, weder im BGB noch im HGB. Vielmehr ist es ein Handelsbrauch. Mit dem Schreiben wird eine vorher mündlich/telefonisch getroffene Vereinbarung bestätigt.

Grundsätze kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Für ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben sind folgende Grundsätze entwickelt worden:

— Es muss sofort nach Beendigung des Gesprächs versandt werden

— Es muss dem Empfänger zugehen

— Beide Parteien müssen Kaufleute sein, zumindest aktiv am Geschäftsleben teilnehmen

— Die Vertragsverhandlungen, auf die Bezug genommen wird, müssen tatsächlich stattgefunden
haben

— Das Schreiben muss den Inhalt der mündlichen Vereinbarung darstellen

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Besonderheit ist die Bitte um Gegenbestätigung. Es war zu klären, welche rechtlichen Auswirkungen diese Bitte hinsichtlich der Wirksamkeit des kaufmännischen Bestätigungsschreibens hat.
Verbindlichkeit durch Gegenbestätigung

Das OLG Frankfurt weicht von der Rechtsprechung des BGH ab. Danach ist üblicherweise davon auszugehen, dass die Bitte um gegen Bestätigung in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben bedeutet, dass der Inhalt des Bestätigungsschreibens erst dann verbindlich sein soll, wenn der Empfänger des Bestätigungsschreibens den Inhalt bestätigt.

Beweis des Zugangs

Hier kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Inhalt des Schreibens zum Zeitpunkt seiner Abfassung bereits feststand, da der Auftragnehmer bereits einen Entwurf versandt hatte, zu dem seine Gesprächspartner bereits Stellung genommen hatten und der Auftragnehmer daraufhin
Korrekturen an dem Text des Schreibens vorgenommen hatte. Dadurch war der Inhalt bereits verbindlich beschrieben. Eine Gegenbestätigung bedurfte es also nicht mehr, um den Inhalt verbindlich festzulegen. Deshalb hatte hier die erbetene Gegenbestätigung nur den Sinn, einen Beweis für den Zugang des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zu erhalten.

 

Praxistipp:

Widerspruch

Derjenige, der im kaufmännischen Verkehr ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben erhält, geht ein großes Risiko ein, wenn er den Inhalt des Schreibens nicht sehr zügig prüft und ihm widerspricht, wenn er der Meinung ist, dass die mündliche Vereinbarung nicht richtig wiedergegeben wird. Das gilt auch in dem Fall, dass der Versender des Bestätigungsschreibens um gegen Bestätigung bittet. Der Empfänger kann nie sicher sein, dass das Gericht der generellen Auslegung des BGH folgt und die Vereinbarung erst wirksam werden lässt, wenn die Gegenbestätigung abgegeben wurde. Es ist immer denkbar, dass das Gericht die erbetene Gegenbestätigung lediglich als Nachweis des Zugangs ansieht.

Keine Gegenbestätigung erbitten

Um diesen Problemen aus dem Weg zu gehen, sollte derjenige, der ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben versendet, den Empfänger nicht um eine Gegenbestätigung bitten. Ein fehlender Widerspruch des Empfängers löst die anerkannten Wirkungen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens aus, sodass die Vereinbarung mit dem Inhalt, der im Bestätigungsschreiben dargestellt ist, rechtsverbindlich zustande gekommen ist.