Sachverhalt:

Der Auftragnehmer (AN) verlangt von seinem Auftraggeber (AG) eine zusätzliche Vergütung, weil das Winterwetter zum Zeitpunkt der von ihm geschuldeten Errichtung des Rohbaus Maßnahmen erforderte, die er nicht kalkuliert hatte. Im Dezember gab es 2, im Januar 11 und im Februar 6 Tage mit Dauerfrost. Extreme Tiefsttemperaturen unter -15 °C gab es nicht. An 6 Tagen wurden Schneehöhen zwischen 10 und 15 cm gemessen. Laut Vertrag war die Ausführung der Arbeiten im Winter ausdrücklich vorgesehen.

 

Entscheidung:

Durch die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde wurde das Urteil des OLG Frankfurt rechtskräftig. Es hatte die Forderung des AN auf zusätzliche Vergütung wegen der witterungsbedingten Mehrkosten (Winterbaumaßnahmen) zurückgewiesen. In dem Urteil schreibt das OLG:

„Für das Wetter gilt der Grundsatz aus § 644 Abs. 1 BGB, dass der Unternehmer vor der Abnahme des Werks dessen Sachgefahr und damit das Risiko schlechten Wetters trägt.“

Das gilt insbesondere, wenn bei Vertragsabschluss mit dem dann eingetretenen Wetter gerechnet werden muss.

Das Gericht führt weiter aus, es gebe keine Pflicht des AG, dem AN „ein für die Bauausführung auskömmliches Wetter zur Verfügung zu stellen.“

Auch § 642 BGB gibt dem AN keinen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung. Danach kann der AN eine angemessene Entschädigung verlangen, wenn der AG eine Mitwirkungspflicht verletzt. Diese Pflicht könnte hier darin liegen, dass der AG dem AN in der Winterzeit kein Grundstück zur Verfügung stellt, auf dem der AN die vertraglich geschuldeten Arbeiten erbringen kann. Das Gericht weist darauf hin, dass das Wetter keine Eigenschaft des Grundstücks ist. Die winterlichen Baubehinderungen hatten ihre Ursache nicht im Grundstück, sondern lagen am Wetter und an den fehlenden Winterbaumaßnahmen durch den AN.
(OLG Frankfurt, Urteil vom 29.05.2015, Aktenzeichen: 24 U 7/15)

 

Praxishinweis:

Das Urteil ist zutreffend. Es ist davon auszugehen, dass der BGH die Rechtslage genauso gesehen hätte, wenn das Revisionsverfahren durchgeführt worden wäre. Sicherlich hat der BGH dem AN einen entsprechenden Hinweis erteilt, worauf er die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgenommen hat.

Die Rechtslage ist eindeutig: Schlechte Witterung bei der Ausführung der Arbeiten muss der AN bei seiner Kalkulation berücksichtigen. Er und nicht der AG muss dann gegebenenfalls Winterbaumaßnahmen auf eigene Kosten veranlassen. Das gilt, wie die Entscheidung zeigt, nicht nur im VOB-Vertrag (§ 6 Abs. 4 VOB/B), sondern auch im BGB-Vertrag.

Dem AN ist also dringend zu raten, bei der Preiskalkulation zu berücksichtigen, wann die Arbeiten ausgeführt werden sollen und ob in dieser Zeit mit besonderen Witterungslagen gerechnet werden muss, die zusätzliche Maßnahmen zur Sicherstellung erfordern, dass die geschuldeten Arbeiten durchgeführt werden können. Denn üblicherweise wird sogar angenommen, dass der AG auch nicht verpflichtet ist, außergewöhnlich ungünstige Witterungsverhältnisse, mit denen nicht gerechnet werden musste, im Interesse des AN abzuwehren. Es ist nämlich nicht zu erkennen, woraus sich diese Pflicht des AG ergeben könnte, zumal auch der AG, ebenso wenig wie der AN, mit ungewöhnlichen Witterungen rechnen kann. Es sind also wenig Sachverhalte denkbar, bei dem der AN Kosten für zusätzliche Maßnahmen zur Abwehr von witterungsbedingten Einflüssen auf die Bauarbeiten vom AG erstattet verlangen kann. Ein solcher Anspruch könnte zum Beispiel dann in Betracht kommen, wenn sich die Arbeiten aufgrund des Verhaltens oder aufgrund von Versäumnissen des AG zeitlich so verschieben, dass sie in eine ungünstige Wetterperiode hineinkommen. In diesem Fall könnte der Anspruch mit einem Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht des AG (§ 642 BGB) begründet werden.