Weicht der Bauträger von der ursprünglichen Planung, die eine zum Zeitpunkt der Bauzeit sichere und erprobte Fassadenkonstruktion vorsieht, ab, indem er eine nicht erprobte, nicht durchgeplante und in ihrer Standsicherheit nicht nachgewiesene Konstruktion mit anderen als den der ursprünglichen Planung zu Grunde liegenden Baustoffen ausführen lässt, muss er dies den späteren Erwerbern mitteilen. Andernfalls handelt er arglistig.

(OLG München, Urteil vom 25. Januar 2012, 27 U 501/10)

 

Sachverhalt:

Die Arbeiten eines Bauträgers zur Errichtung eines Gebäudes wurden 1989 abgenommen. Nach der Planung sollte die Fassade aus Glas-und Aluminiumelementen als Pfosten-Riegel-Konstruktion errichtet werden. Der Bauträger führte die Fassade demgegenüber als Vorhangfassade in Kunststoff aus. Nach Anbringung der Verkleidung waren die abweichenden Materialien nicht mehr festzustellen. Der Erwerber bemängelt 2005 die Konstruktion: Die Kunststofffassade des Erdgeschosses wölbe sich nach außen; sie weise insbesondere im Bereich der Attika einen unregelmäßigen, nicht fluchtgerechten Verlauf auf; Halteleisten, Statikpfosten seien zum Teil abgerissen und verformt. Er verlangt Schadenersatz für die Mängelbeseitigung.

 

Entscheidung:

Das Gericht gibt der Klage statt. Die Konstruktion bzw. die Fenster sind mangelhaft, u.a. weil die Standsicherheit nicht gegeben ist.

Der Bauträger hätte die Erwerber darüber informieren müssen, dass er eine andere als die vertraglich vereinbarte Konstruktion für die Fassade ausgeführt hat und dass diese Konstruktion nicht erprobt und die Standsicherheit nicht nachgewiesen ist. Der Unternehmer hat hier also den Mangel arglistig verschwiegen. „Arglistig verschweigt, wer sich bewusst ist, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung seines Vertragspartners von erheblicher Bedeutung ist, so dass er nach Treu und Glauben verpflichtet ist, diesen Umstand mitzuteilen , er ihn trotzdem nicht offenbart.“ Für das OLG München liegt es „auf der Hand und ist so selbstverständlich, dass es an sich keiner weiteren Begründung bedarf, dass die Kaufentschließung eines Erwerbers entscheidend davon beeinflusst wird, ob ein Bauwerk gemäß einer sicheren und genehmigten Eingabeplanung und einer auch vorliegenden Prüfstatik oder in Abweichung hiervon ohne Planung mit anderen, in der gewählten Konstruktion nicht erprobten Baustoffen so ausgeführt wird, dass das Gelingen des Bauwerks in Frage gestellt wird und seine Lebensdauer erheblich eingeschränkt ist.“

Die Ansprüche sind auch nicht verjährt. Zwar gibt es die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach altem Recht nicht mehr. Ansprüche aus arglistigem Verschweigen verjähren heute innerhalb der regulären Frist von 3 Jahren zum Ende eines Jahres. Diese Frist beginnt jedoch erst mit der Entstehung des Schadens oder mit der Erkenntnis vom Schaden. Sie beträgt maximal 10 Jahre nach Entstehung des Schadens, egal, ob der Eigentümer bis zu diesem Zeitpunkt Kenntnis des Schadens hatte. Bei einem Baumangel entsteht beim Erwerber der Schaden in dem Zeitpunkt, in dem ihm das mangelhafte Werk übergeben wird. Daher war der Anspruch des Erwerbers aus arglistigem Verschweigen eines Mangels, der im vorliegenden Fall geltend gemacht wurde, im Jahre 2008, in dem die Klage erhoben wurde, noch nicht verjährt.

 

Hinweis für die Praxis:

Abgesehen von der rechtlich interessanten verjährungsrechtlichen Komponente enthält das Urteil klare und deutliche Aussagen, wann ein arglistiges Verschweigen eines Mangels vorliegt. Jedem Unternehmer ist dringend zu raten, nicht ohne Rücksprache mit dem Auftraggeber oder ohne Offenlegung gegenüber dem Auftraggeber die vereinbarte Ausführung der Arbeiten eigenmächtig zu ändern. Das gilt natürlich insbesondere, wenn die Lösung, die er ausführt, fachlich nicht ausreichend erprobt ist.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Auftraggeber grundsätzlich das Recht hat, den Werkvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn der Auftragnehmer die Arbeiten eigenmächtig anders als beauftragt ausführt.