Sachverhalt:

Der Bauherr schließt mit dem Erdbauer einen VOB-Vertrag. Während der Aushubarbeiten stellt der AN fest, dass er einen Teil des Materials nicht auf dem Grundstück lagern kann. Ohne Absprache mit dem AG verbringt der AN es in ein Zwischenlager. Der AG verweigert die Zahlung der knapp 25.000 € für die Zwischenlagerung, die der AN verlangt. Er habe keinen Auftrag dafür erteilt.

 

Entscheidung:

Das OLG Karlsruhe spricht dem AN die zusätzliche Vergütung zu. Der AN könne seinen Zahlungsanspruch zwar nicht auf § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B stützen. Er hat die zusätzliche Leistung dem AG nicht unverzüglich angezeigt. Der AN hat aber einen Vergütungsanspruch aufgrund Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Geschäftsführung war hier die Zwischenlagerung des Aushubmaterials. Diese Maßnahme entsprach auch dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des AG, da es im Bereich seiner Baustelle nicht gelagert werden konnte. Die Zwischenlagerung des Aushubmaterials lag im „wohlverstandenen Interesse“ des AG; sie war für ihn sachlich vorteilhaft, also „nützlich“. Bei einer Geschäftsführung ohne Auftrag kann der Ersatz der Aufwendungen verlangt werden. Wenn die Arbeiten, die der AN ohne Auftrag ausführt, zu seinem Gewerbe gehören, wird die Höhe der Aufwendungen nach der üblichen Vergütung für die Leistungen berechnet.

(OLG Karlsruhe, Urteil vom 7.12.2015; AZ: 13 U 110/13; rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH am 24.1.2018; AZ: VII ZR 7/16).

 

Hinweise:

Das Urteil zeigt eine weitere Möglichkeit auf, wie der AN außer über § 2 Abs. 8 VOB/B eine Vergütung für nicht beauftragte Leistungen durchsetzen kann. Der Vorteil des Wegs über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff BGB) liegt gegenüber § 2 Abs. 8 VOB/B darin, dass die VOB-Regelung u.a. die unverzügliche Anzeige der zusätzlich ausgeführten Leistungen gegenüber dem AG verlangt. Diese Voraussetzung ist für einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorgesehen. Da eine unterlassene „unverzügliche“ Anzeige logischerweise nicht nachgeholt werden kann, wenn der Zeitpunkt überschritten ist, kann sich der AN über die Geschäftsführung ohne Auftrag doch noch die Vergütung für die zusätzlichen Arbeiten zu sichern.

Achtung:

Dabei muss er jedoch folgende Grundsätze berücksichtigen:

  1. Wenn die Vertragsparteien schon vor Ausführung der zusätzlichen Leistung darüber streiten, ob sie als Nachtrag zu bezahlen ist, kann der AN sich nicht über die Geschäftsführung ohne Auftrag retten. Wenn er trotz des Streits über die Vergütungspflicht die Arbeiten ohne Anordnung des AG einfach ausführt, bekommt er kein Geld.
  2.  Der AN erhält auch über die Geschäftsführung ohne Auftrag keine Vergütung, wenn der AG sein Nachtragsangebot abgelehnt hat.
  3.  Der AN kann auch dann keine Vergütung über Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen, wenn er nur mit der zusätzlichen Leistung den von ihm vertraglich geschuldeten Werkerfolg erreichen kann. Wenn der AN also über die vertragliche Erfolgshaftung verpflichtet war, die zusätzlichen Leistungen zu erbringen, scheidet ein Vergütungsanspruch aus. Wie weit die vertragliche Erfolgshaftung geht, ergibt sich aus den Vertragsunterlagen bzw. nach einer Auslegung dieser Unterlagen. Jede Vertragsauslegung bedeutet immer eine ganz erhebliche Unsicherheit für die Vertragspartner, da das Ergebnis der Auslegung im Vorwege nie sicher prognostiziert werden kann.

 

Im vorliegenden Fall würde eine Vergütung möglicherweise daran scheitern, dass der AN vertraglich verpflichtet war, den Aushub zwischen zu lagern. Insoweit bestand bereits eine vertragliche Verpflichtung. Andererseits muss der AG gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B Lagerflächen kostenfrei zur Verfügung stellen. Leider schreibt das OLG Karlsruhe nichts zu diesen Aspekten.