Ein Verstoß gegen Herstellerrichtlinien stellt nicht zwangsläufig auch einen Ausführungsmangel dar. Herstellervorgaben sind allerdings zu beachten, wenn diese der Risikominimierung dienen und bei einem Verstoß gegen die Richtlinien des Herstellers nicht auszuschließen ist, dass sich hierdurch gerade das durch die Herstellervorgabe zu vermeidende Risiko realisiert. In diesem Fall führt der Verstoß gegen Herstellervorgaben zur Vermutung der Mangelhaftigkeit.

(OLG Frankfurt, Urteil vom 15.06.2012, 2 U 205/11; Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH am 06.03.2014 zurückgewiesen (VII ZR 196/12))

 

Sachverhalt:

Der Unternehmer war beauftragt, ein WDVS aufzubringen. Gemäß LV sollten die Dämmplatten mit einer Schichtdicke von mindestens 5 mm armiert werden. Danach war eine weitere Armierungsschicht von 5 mm aufzubringen und anschließend ein Filzputz. Der Unternehmer führte die zweite Armierungsschicht nicht aus und brachte einen Scheibenputz auf. Nachdem die Mängelbeseitigungsfrist abgelaufen war, kündigte der Auftraggeber den Vertrag. Der gerichtliche Sachverständige stellte fest, dass der Armierungsputz weder die vertraglich vereinbarte noch die vom Hersteller vorgegebene Schichtdicke aufwies. Nach seiner Beurteilung würde dadurch die Dauerhaftigkeit der Wärmedämmung hinsichtlich der Stoßfestigkeit und der Fähigkeit des Putzes, Risse zu überbrücken, beeinträchtigt.

 

Urteil:

Der Auftraggeber setzt seinen Anspruch auf Kostenvorschuss für die vollkommene Neuherstellung des WDVS durch. Unter anderem argumentierte das Gericht, dass die zu geringe Dicke der Armierungsschicht den Herstellerempfehlungen widerspricht. Grundsätzlich hätten die Herstellervorschriften zwar nicht die Qualität von anerkannten Regeln der Technik. Wenn sie jedoch dazu dienten, Risiken der Leistung auszuschließen oder zu minimieren, also für eine dauerhafte Mangelhaftigkeit des Werks zu sorgen, muss der Unternehmer sie einhalten. Wenn er die Vorschriften in diesen Fällen missachtet, ist seine Leistung mangelhaft.

 

Hinweis für die Praxis:

Im vorliegenden Fall ergibt sich die Mangelhaftigkeit des Werks auch (und nach meiner Auffassung vor allem) daraus, dass der Unternehmer die Leistung nicht so erbracht hat, wie es vertraglich vorgesehen war. Ein Abweichen von den vertraglichen Vereinbarungen führt grundsätzlich zur Mangelhaftigkeit der Leistung. In diesen Fällen kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer bei der Leistung, die ausgeführt hat, die Herstellervorschriften beachtet hat.

Dennoch ist die Entscheidung auch bezüglich der Argumentation zu den Herstellerrichtlinien wesentlich, weil sie die bisherige Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte fortsetzt und dabei durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH bestätigt wurde.