Sachverhalt:
Die AGB eines Bauvertrags, die vom Auftraggeber gestellt wurden, enthalten die Klausel, dass eine Gewährleistungsbürgschaft zurückzugeben ist, „wenn alle unter die Gewährleistungsfrist fallenden Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können.“ Ist diese AGB-Klausel wirksam?

 

Entscheidung:
Der BGH (Urteil vom 26.03.2015, AZ: VII ZR 92/14) hält die Klausel für unwirksam.

Mit den von ihm vorgegebenen Vertragsbedingungen versucht der Auftraggeber, seine eigenen Interessen durchzusetzen, ohne die Interessen seines Vertragspartners ausreichend zu berücksichtigen. Die Klausel bedeutet nämlich, dass der Auftraggeber die Bürgschaft so lange behalten darf, bis gar kein Gewährleistungsanspruch mehr besteht. Es kann also der Fall eintreten, dass ein Mangel vorliegt, dessen Beseitigung nur ganz geringe Kosten verursacht. Dann dürfte der Auftraggeber trotzdem diese Bürgschaft, die gegebenenfalls die Kosten der Mängelbeseitigung um ein Vielfaches übersteigt, in vollem Umfang einbehalten. Ein so genannter „Druckzuschlag“ wie beim Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln ist in diesem Fall nicht zu berücksichtigen. Es geht lediglich um die konkret entstehenden Kosten für die Mängelbeseitigung.

Bürgschaften verursachen beim Auftragnehmer erhebliche Kosten und beeinträchtigen seine Liquidität. Er hat also ein erhebliches Interesse, herausgegebenen Bürgschaften so schnell wie möglich wieder zurückzugeben. Dieses Interesse des Auftragnehmers wird in der AGB-Klausel des Bauvertrags nicht berücksichtigt, sondern nur das einseitige Interesse des Auftraggebers, möglichst lange eine möglichst große Sicherheit zu behalten.

Die Vertragsklausel benachteiligt den Auftragnehmer also unangemessen. Der Auftraggeber muss deshalb die Bürgschaft zurückgeben.

 

Praxishinweis:
Der BGH schreibt in seinem Urteil weiter, dass es nach der Interessenlage der Parteien erforderlich ist, dass der Auftraggeber die Sicherheit nicht mehr behalten darf, wenn der Sicherungszweck nicht mehr gegeben ist. Und wenn der Sicherungszweck nur noch teilweise besteht, weil Gewährleistungsansprüche nicht mehr vollständig durchsetzbar sind, darf der Auftraggeber die Sicherheit nach Ablauf der für die Gewährleistung vereinbarten Frist nur noch in Höhe der Kosten behalten, die für die Beseitigung der konkret vorliegenden Mängel entstehen werden. Den darüber hinausgehenden Teil der Sicherheit muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer zurückgeben.

Es kommt also darauf an, ob die Gewährleistungsansprüche, die der Auftraggeber behauptet, noch durchsetzbar sind. Das ist z.B. dann nicht der Fall, wenn Verjährung eingetreten ist.

Gleiches gilt auch, wenn der Bauherr keine Gewährleistungsansprüche gegen seinen Auftragnehmer (z.B. einen GU) geltend macht. Auch in diesem Fall muss der Auftragnehmer (GU) seinem Nachunternehmer dessen Sicherheitsleistung/Bürgschaft zurückgeben.

Es ist jedem Unternehmer zu raten, bei Ablauf der Gewährleistung die Sicherheit jedenfalls in Höhe des Teils zurückzuverlangen, der nicht mehr benötigt wird, weil z.B. nur noch geringfügige Mängel bestehen oder weil ein Teil der Gewährleistungsansprüche verjährt, jedenfalls nicht mehr durchsetzbar ist.