Weicht der Auftragnehmer eigenmächtig von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ab, verletzt er dadurch die ihm vertraglich obliegenden Verpflichtungen. In einem solchen Fall besteht kein Anspruch auf Vergütung oder Aufwendungs- bzw. Wertersatz.

 

Sachverhalt:

Laut Leistungsbeschreibung soll der Unternehmer die Baugrube ausheben und Böschungsneigungen von 45° herstellen. Der Auftragnehmer legt Böschungswinkel zwischen 10° und 40° an. Er meint, dies sei technisch erforderlich gewesen. Der Auftraggeber kürzt die Schlussrechnung und erkennt nur diejenigen Massen an, die sich bei einer Böschungsneigung von 45° ergeben hätten.
Der Unternehmer verlangt den vollständigen Ausgleich seiner Schlussrechnung.

Urteil:

Der Unternehmer verliert vor dem OLG Köln (Urteil vom 26. Juni 2012, 15 U 223/11). Es prüft sämtliche Anspruchsgrundlagen und kommt zu dem Ergebnis, dass der Unternehmer keine Zahlung für die abweichend vom Leistungsverzeichnis durchgeführten Arbeiten verlangen kann.

Der Auftraggeber hat die anderweitige Ausführung nicht angeordnet. Der Auftragnehmer hat schlichtweg aus eigener Entscheidung anders als vereinbart gearbeitet. Daher sind die §§ 2 Abs. 5 und 2 Abs. 6 VOB/B nicht einschlägig.

Auch § 2 Abs. 8 VOB/B hilft dem Unternehmer nicht. Der Auftraggeber hat die Leistung nur entgegen genommen. Das ist ebenso wenig ein Anerkenntnis wie die Durchführung eines gemeinsamen Aufmaßes.

Auch der „Rettungsanker“ einer so genannten Geschäftsführung ohne Auftrag kann nicht eingesetzt werden. Denn der Unternehmer ist eigenmächtig vom Vertrag abgewichen. Damit hat er eine Vertragsverletzung begangen. Eine Leistung aufgrund einer Vertragsverletzung kann nicht nach dem Willen des Auftraggebers sein und deshalb kann sie auch nicht durch eine Vergütung im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag honoriert werden.

Beim VOB-Vertrag scheidet letztlich auch die Anwendung der Regeln über eine ungerechtfertigte Bereicherung des Auftraggebers, für die er einen Ausgleich bezahlen müsste, aus. Die Spezialvorschriften des § 2 Abs. 8 VOB/B gehen vor.

Praxistipp:

Zahlreiche Gerichte haben schon ähnliche Entscheidungen getroffen. Sie reichen vom Ausfall der Vergütung – wie im vorliegenden Fall – bis zum Recht des Auftraggebers, den Vertrag kündigen zu dürfen. Der gekündigte Auftragnehmer muss dann auch noch die Mehrkosten des Dritten erstatten, der die Arbeiten fertiggestellt hat.

Dem Unternehmer ist also unbedingt zu raten, sich an das Leistungsverzeichnis bzw. die vertraglichen Vereinbarungen zu halten.

Wie hätte der Unternehmer im vorliegenden Fall vorgehen sollen?

Er hätte schlichtweg Bedenken anmelden müssen mit dem Hinweis, dass nach seiner Auffassung die vorgesehene Böschungsneigung riskant ist und zu hydraulischen Grundbrüchen führen kann. Wenn der Auftraggeber ihn daraufhin anweist, die geplante Böschungsneigung herzustellen, ist der Auftragnehmer nicht zur Gewährleistung verpflichtet, falls der von ihm befürchtete Grundbruch tatsächlich eintritt.

Wenn der Auftraggeber eine Änderung der Ausführung anordnet, hat der Unternehmer nach den Regeln der VOB/B Anspruch auf eine eventuell dadurch entstehende Mehrvergütung.

Oder er hätte die von ihm vorgesehene Ausführung dem Auftraggeber vorher ankündigen müssen (§ 2 Abs. 8 VOB/B). Das OLG Köln legt dazu in dem Urteil fest:
Für eine unverzügliche Anzeige auftragsloser Leistungen im Sinne des § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B ist es ausreichend, wenn der Auftragnehmer die nicht beauftragten Leistungen nach Art und Umfang so beschreibt, dass der Auftraggeber rechtzeitig informiert wird und er so die Möglichkeit hat, billigere Alternativen zu wählen.