Im Rahmen eines bestehenden Bauvertrages verabreden die Parteien einen Termin, um über die Arbeiten und den Vertrag zu verhandeln. In der Besprechung werden dann auch de vertraglichen Pflichten teilweise geändert. Der Auftraggeber (AG) schickt ein Verhandlungsprotokoll an den Auftragnehmer (AN). Der AN schweigt dazu. Später streiten sich AG und AN über die Einhaltung der nachträglichen Änderungen. Der AN meint, sie seien unwirksam, da der Mitarbeiter, der für ihn an der Besprechung teilgenommen hat, nicht die entsprechende Vollmacht hatte.

Der BGH weist die Argumentation des AN zurück. Nach seiner Auffassung treten im Laufe einer Bauausführung häufig Situationen auf, in denen Änderungsvereinbarungen nötig sind. Diese Änderungen können auch die rechtlichen Gegebenheiten betreffen, wenn z.B. Leistungspflichten geändert werden, z.B. hinsichtlich der Ausführung oder hinsichtlich der Vergütung (geänderte Leistungen, Zusatzleistungen, Wegfall von Leistungen). Solche Änderungen geschehen häufig auf Baubesprechungen. Der AN muss also damit rechnen, dass in Baubesprechungen auch solche Absprachen getroffen werden. Wenn er dann das Protokoll einer Besprechung erhält an der ein Mitarbeiter von ihm teilgenommen hat, sind die Regeln über das kaufmännische Bestätigungsschreiben zu beachten. Der AN muss also dem Inhalt des Protokolls unverzüglich widersprechen. Widerspricht er nicht, muss er den Inhalt des Protokolls auch gegen sich gelten lassen. Es gelten dann die im Protokoll enthaltenen Absprachen und Vereinbarungen.

Insbesondere kann der AN sich dann auch nicht darauf berufen, sein Mitarbeiter sei nicht bevollmächtigt, Vertragsänderungen herbeizuführen. Da er davon ausgehen muss, dass auf angesetzten Baubesprechungen Änderungen vereinbart werden sollen, werden die Mitarbeiter, die der AN in diese verabredeten Besprechungen schickt, als entsprechend bevollmächtigt angesehen. Sind sie es nicht, muss der AN dem Protokoll unverzüglich widersprechen.
(BGH, Urteil vom 27.01.2011, VII ZR 186/09)

Praxistipp:

Es besteht noch rechtliche Unsicherheit, ob die Argumentation des BGH auch dann gilt, wenn Änderungen in spontan auf der Baustelle stattfindenden Baubesprechungen verabredet werden. Das dürfte nach meiner Einschätzung nicht der Fall sein, da der AN nicht aktiv einen – speziellen – Mitarbeiter in diese Besprechung schickt. Sie wird von dem Mann vor Ort wahrgenommen.

Fraglich ist auch, ob die Protokolle der vertraglich vereinbarten regelmäßigen Baubesprechungen die geschilderte Wirkung auslösen können. Es wird die Auffassung vertreten, dass damit nicht zu rechnen ist, weil auf den üblichen Baubesprechungen nur Vereinbarungen über die technische Ausführung der Leistungen getroffen werden.

Dies sehe ich durchaus anders und halte es daher für möglich, dass die Protokolle der vertraglich vereinbarten regelmäßigen Baubesprechungen als kaufmännische Bestätigungsschreiben angesehen werden. Das dürfte auch dann gelten, wenn der AG nicht immer wirksam rechtsgeschäftlich vertreten ist, sondern „nur“ durch seinen Bauleiter. Dennoch muss aus meiner Sicht der AN damit rechnen, dass in der regelmäßigen Baubesprechung auch Änderungen der vertraglich geschuldeten Leistungen vereinbart werden. Der AG genehmigt diese Änderungen evtl. stillschweigend nachträglich, sodass bei fehlendem Widerspruch des AN die Änderung wirksam geworden ist.

Sicher gilt die Auffassung des BGB, wenn schon bei der Verabredung der Baubesprechung klar ist, dass es – auch – um Änderungen des Vertrages gehen wird.

Um den Unsicherheiten zu entgegen, empfehle ich dringend im Hinblick auf die neue BGH-Rechtsprechung, dass der Mitarbeiter, der an der Baubesprechung teilgenommen hat, und – soweit der Mitarbeiter nicht entsprechend bevollmächtigt ist – der Bevollmächtigte des AN die Protokolle prüfen und ihnen unverzüglich widersprechen, falls erforderlich. Unverzüglich heißt dabei: „Ohne schuldhaftes Zögern“. Der Widerspruch muss also zügig im Rahmen des üblichen Geschäftsganges erfolgen. Ein Widerspruch, der später als eine Woche nach Eingang des Protokolls abgegeben wird, dürfte ziemlich sicher verspätet sein.

Will der AN einen fachlich informierten Mitarbeiter in die Baubesprechung schicken, der aber nicht über die nötigen rechtsgeschäftlichen Vollmachten verfügt, sollte der AN den AG vorher darüber – beweisbar, also am besten schriftlich – informieren.

Hamburg, den 17.05.2011