Sachverhalt:
Das OLG Hamburg hat die Berufung verworfen, weil der Berufungsanwalt die Schriftsätze nicht unterzeichnet habe. Die Striche und Häkchen unter den Schriftsätzen seien keine Unterschrift. Der BGH sieht es anders und hebt die Entscheidung des OLG Hamburg auf.

Entscheidung:
Der BGH hatte es mit „zwei voneinander abgesetzten Strichbildern“ zu tun. In seinem Beschluss vom 03.03.2015 (AZ: VII ZB 71/14) legt er folgende Grundsätze fest:

1. Mit der Unterschrift soll der Urheber des Schriftstücks identifiziert werden können.

2. Die Unterschrift soll den Willen des Urhebers zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt seines Schreibens zu übernehmen.

3. Außerdem soll durch die Unterschrift sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schreiben nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern vom Urheber willentlich dem Empfänger zugeleitet worden ist.

4. Ein Schriftzug ist dann eine Unterschrift, wenn sie
—           individuelle und charakteristische Merkmale aufweist,
—           diese Merkmale die Nachahmung erschweren,
—           der Schriftzug die Wiedergabe eines Namens darstellt und
—           die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt

Auf die Lesbarkeit der Unterschrift kommt es grundsätzlich nicht an. Auch die Ähnlichkeit mit Namensbuchstaben ist nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass die o.g. Voraussetzungen vorliegen und der Unterzeichner regelmäßig in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt. Es kommt darauf an, dass der Name „vollständig, wenn auch nicht unbedingt lesbar, wiedergegeben wird.“

In dem Beschluss wird der Schriftzug unter den Schriftsätzen als „ein auf dem Kopf stehendes, stark zugespitztes Häkchen und davon abgesetzt als Viertelkreis“ beschrieben. Der BGH sieht in dem Schriftzug individuelle Merkmale, insbesondere eine ungewöhnliche Strichführung. Er hat daher keine ernsthaften Zweifel, dass es sich um eine Unterschrift „zum Zwecke der Individualisierung und Legitimierung“ handelt.

 

Praxishinweis:
Sicherlich wird die Frage, ob tatsächlich eine wirksame Unterschrift vorliegt, in der Praxis nicht allzu häufig gestellt. Wenn doch, dürften die meisten Streitigkeiten darüber durch die doch einigermaßen großzügige Sichtweise des BGH zu Gunsten des Urhebers zu entscheiden sein.

Außerdem hat der BGH in dem Beschluss vom 03.03.2015 auch darauf hingewiesen, dass ein Rechtsanwalt darauf vertrauen darf, dass seine Unterschrift den Anforderungen genügt, wenn die Gerichte sie über längere Zeit hinweg nicht beanstanden. Will ein Gericht sie nicht mehr akzeptieren, muss sie ihn vorwarnen.

Aus meiner Sicht können diese Hinweise auch verallgemeinert werden: Ein Vertragspartner darf sich nicht plötzlich ohne vorherigen Hinweis auf den Standpunkt stellen, der Schriftzug sei keine Unterschrift, wenn er diesen Schriftzug über längere Zeit als Unterschrift akzeptiert hat.