1. Eine Klage auf Vergütung der erbrachten Leistungen nach einer Kündigung des Bauvertrags kann, wenn der AG dem nicht widerspricht, auf eine Abrechnung gestützt werden, wonach vom vereinbarten Werklohn die unstreitigen Drittunternehmerkosten für die Fertigstellung des Bauwerks abgezogen werden.

2. Ein Widerspruch gegen diese Abrechnung ist unbeachtlich, wenn der AG nicht geltend macht, dadurch benachteiligt zu sein.

BGH, Beschluss vom 10.04.2014, VII ZR 124/13

Sachverhalt:

Das Berufungsgericht (Kammergericht Berlin) hatte sich mit der Standardsituation zu befassen, dass ein Pauschalvertrag vom AG gekündigt worden war. Der AG hat die Arbeiten durch einen Dritten fertig stellen lassen. Jetzt verlangt der Unternehmer seinen Werklohn für die geleisteten Arbeiten.

Auch in der Berufungsinstanz streiten die Parteien darüber, in welchem Umfang der AN seine Leistungen erbracht hatte, in welcher Höhe ihm also eine restliche Vergütung zusteht. Das Kammergericht meinte, die Schlussrechnung des ANs sei nicht prüfbar. Es wandte aber eine Bestimmung der Zivilprozessordnung an, nach der das Gericht unter bestimmten Umständen die Höhe der Forderung, die eingeklagt wird, schätzen darf. Es zog einfach von der vereinbarten pauschalen Gesamtvergütung die Kosten ab, die dem AG aufgrund der Fertigstellung durch einen Dritten entstanden waren.

Der AG wandte sich an den BGH, weil er der Auffassung war, diese Abrechnung entspreche nicht den Regeln, die der BGH für die Abrechnung des gekündigten Pauschalvertrag aufgestellt hat.

 

Entscheidung:

Der BGH bestätigt das Vorgehen des Kammergerichts. Er bleibt zwar bei seiner grundsätzlichen „Segelanweisung“. Danach muss der AN bei einem gekündigten Pauschalvertrag die erhaltenen Leistungen prüfbar abrechnen. Er muss dazu darstellen, welche Leistungen er erbracht hat und wie diese Arbeiten ausgehend von der Pauschalpreisvereinbarung zu bewerten sind. Dies gelingt oft nur durch ein Aufmaß der erbrachten Leistungen – obwohl ja bei einem Pauschalvertrag für die Schlussrechnung gerade kein Aufmaß erforderlich ist.

Diese Art der Abrechnung ist nötig, um den AG davor zu schützen, dass der AN seine Leistung willkürlich bewertet, der AG also zu viel bezahlt.

Auf diesen Schutz kann der AG aber auch verzichten. Er kann nämlich auch die Abrechnung akzeptieren, die das Kammergericht angewandt hat. Denn mit dem Abzug der Fertigstellungskosten von der vereinbarten pauschalen Gesamtvergütung ist auch sichergestellt, dass der AG letztlich für die Arbeiten insgesamt nicht mehr bezahlt als ursprünglich vorgesehen war. Außerdem sind die Kosten einer Fertigstellung durch Dritte regelmäßig höher als die Summe, die der AN noch dafür bekommen hätte. Der AG wird von dieser Art der Abrechnung also grundsätzlich nicht benachteiligt.

Wenn der AG einer solchen Abrechnung nicht widerspricht, akzeptiert er sie. Alleine der Hinweis, solche Abrechnung entspreche nicht den Vorgaben des BGH, reicht für einen wirksamen Widerspruch nicht aus. Vielmehr muss der AG ausführlich erläutern, warum er durch diese Art der Abrechnung im konkreten Fall doch benachteiligt ist. Wenn diese Erläuterungen fehlen, muss der Widerspruch des AG nicht beachtet werden. Die Abrechnung des AN ist dann prüfbar und richtig.

 

Praxistipp:

Die Entscheidung des BGH ist nicht revolutionär. Aber sie dürfte für die Praxis großes Gewicht haben. Sie vereinfacht die Abrechnung eines gekündigten Pauschalvertrags deutlich. Wenn die Kosten der Fertigstellung durch einen Dritten feststehen, muss der AN nur noch diesen Betrag vom gesamten vereinbarten Pauschalpreis abziehen. Die Differenz kann er als Vergütung verlangen. Diese Abrechnung ist jetzt zulässig. Wenn der AG sie nicht akzeptieren möchte und auf einer komplizierten Abrechnung nach den immer noch geltenden Grundsätzen des BGH besteht, muss er detailliert schreiben, warum ihn die andere Art der Abrechnung benachteiligt. Eine Benachteiligung dürfte nur im Ausnahmefall zu begründen sein.

Wenn es dem AG trotzdem gelingt, einen begründeten Widerspruch zu formulieren, kann der AN immer noch nach den Grundsätzen wie bisher abrechnen.
Aber Achtung:
Dafür benötigt er eine Dokumentation der geleisteten Arbeiten. Er muss also den Bautenstand bzw. den Umfang seiner erbrachten Leistungen nachweisen können und dann quasi wie nach Aufmaß abrechnen. Es ist also auch nach der neuen BGH-Entscheidung – wie bisher schon –  dringend zu empfehlen, jedenfalls unmittelbar nach Kündigung eines Pauschalvertrags die ausgeführte Leistung beweiskräftig festzuhalten. Denn zu diesem Zeitpunkt steht normalerweise nicht fest, ob der AG die Leistungen überhaupt fertig stellt und wenn ja, welche Kosten dafür entstehen. Im Nachhinein, also nach Fertigstellung durch einen Dritten, kann der Bautenstand zum Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr festgestellt werden. Der AN hat dann erhebliche Probleme, seinen Leistungsstand nachzuweisen.

Für den Nachweis der ausgeführten Leistung zum Zeitpunkt der Kündigung eignet sich ein gemeinsames Aufmaß bzw. gemeinsame Feststellungen, welche Arbeiten an welchen Bauteilen wie weit ausgeführt worden sind. Oder es ist ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen. Der AG ist grundsätzlich verpflichtet, derartige Feststellungen des ANs zuzulassen. Wenn das alles doch nicht möglich sein sollte, muss der AN wenigstens eine eigene Dokumentation durch eine Vielzahl von aussagekräftigen Fotos und Aktenvermerke der Mitarbeiter vor Ort über den Stand der Arbeiten anfertigen.