Alleine das Auftreten eines Mangels reicht für Mängelansprüche des AG nicht aus

Der AN hat die Fliesenarbeiten in zahlreichen Badezimmern eines Bauvorhabens durchgeführt. Nach der Abnahme werden Feuchtigkeitsschäden durch herausbrechende Fugen festgestellt. Der AG verlangt vom AN die Erstattung der erheblichen Kosten der Mängelbeseitigung.

Mehrere Ursachen möglich

Der AG behauptet, dass der AN die Fugen fehlerhaft hergestellt oder falsches Material verwandt hat. Der AN verweist auf die Verwendung ungeeigneten Reinigungsmittel. Die ersten beiden Gerichte geben der Klage statt. Es sei nicht erforderlich, die genaue Ursache zu ermitteln. Der AN sei auch dann verantwortlich, wenn ein falsches Reinigungsmittel verwandt worden sein sollte. Er hätte den AG darauf hinweisen müssen.

BGH: Ursache muss geklärt werden

Der BGH verweist die Sache zurück an das OLG. Für die Feststellung eines Mangels der Werkleistung reicht es nicht aus, dass irgendwann nach der Abnahme ein mangelhafter Zustand festgestellt wird. „Mit einem nach einer durchgeführten Abnahme eingetretenen Zustand kann die Mangelhaftigkeit eines Werks allein nicht begründet werden.“ Es muss immer festgestellt werden, ob die Werkleistung zum Zeitpunkt der Abnahme bereits diesen Mangel aufwies. Ist das nicht der Fall, liegt auch kein Mangel vor. Das OLG muss klären, ob die Fugen unzureichend hergestellt waren.

Funktionaler Mangel?

Ein Mangel könnte nach dem BGH-Urteil auch dann vorliegen, „wenn die nach dem Vertrag geschuldete Funktionalität auch umfassen würde, dass die Fliesen auf eine bestimmte Art oder mit bestimmten Mitteln gereinigt werden können, ohne Schaden zu nehmen, und diese nicht erreicht sein sollte.“ Mit diesem Hinweis an das OLG trennt der BGH ausdrücklich zwischen einem Mangel der Leistung, nämlich eine Einschränkung der vertraglich geschuldeten Funktionalität, und einem eventuellen nicht erteilten Hinweis auf bestimmte Reinigungsmittel.

Verstoß gegen Hinweispflicht kein Mangel der Werkleistung

In dem Urteil wird noch einmal klar festgeschrieben, dass der Verstoß gegen die Pflicht, Bedenken anzumelden oder Hinweise zu erteilen, keinen Mangel der Leistung darstellt und somit auch keine Mängelansprüche des AG auslösen kann. Die gesetzliche Pflicht zur Nacherfüllung ist ausschließlich davon abhängig, dass tatsächlich ein Mangel des Werks vorliegt. Auf das Verschulden des AN kommt es dabei nicht an. Mit der Erfüllung seiner Hinweispflichten kann sich der AN von seiner Mängelhaftung befreien. Die Erfüllung der Hinweispflicht ist also kein eigenständiger Tatbestand, der die Mängelhaftung auslöst.

Worüber muss der AN aufklären?

Das OLG nimmt an, dass der AN darauf hätte hinweisen müssen, dass nur bestimmte Reinigungsmittel verwandt werden dürfen. Der BGH sieht diese Pflicht nicht. Hinweispflicht zur Abwendung der Mängelhaftung bedeutet, dass der AN anzeigen muss, wenn er kein mangelfreies Werk erstellen kann, wenn er wie beauftragt arbeitet, sei es aufgrund des vorgeschriebenen Materials, nicht ordnungsgemäßer Vorarbeiten, kritischer Witterungsverhältnisse o.ä.. Der Hinweis auf ein später zu verwendendes Reinigungsmittel hat damit nichts zu tun. Mit ihm würde nur ein späterer Schaden an einem mangelfrei erstellten Werk des AN verhindert.

Bewertung

Das BGH-Urteil fast zwei wesentliche Bereiche des Werkvertragsrechts zusammen:

1.
Nach der Abnahme muss der AG beweisen, dass das Werk bei der Abnahme mangelhaft war. Das bedeutet, dass ihm bereits bei der Abnahme der Fehler innewohnte, der dann später zu der gerügten Mangelerscheinung (hier: Herausbrechen der Fugen) geführt hat.

2.
Der Verstoß des AN gegen seine Hinweispflichten ist kein selbstständiger Anspruchsgrund für seine Mängelhaftung. Im Gegenteil: Mit einem korrekt erteilten Hinweis wird er aus seiner grundsätzlichen verschuldensunabhängigen Mängelhaftung frei.

Beispiel:
Ursache für den Mangel sind unzureichende Arbeiten eines Vorgewerks. Der AN haftet für den Mangel seiner Leistung, da nur der objektive Zustand maßgeblich ist und nicht ein Verschulden des AN. Der Mangel war bereits bei der Abnahme vorhanden, weil der Ein Jahr auf unzureichende Arbeiten des Vorgewerks aufgebaut hat. Er ist also zur Nacherfüllung verpflichtet. Aus dieser Pflicht kann er sich nur befreien, wenn er vor Ausführung seiner Arbeiten in korrekter Weise seine Bedenken angemeldet hätte.

Der AG kann also nicht einfach argumentieren, der AN müsse die Mängel beseitigen, weil er den erforderlichen Hinweis nicht erteilt hat.

(BGH, Urteil vom 25.02.2016, VII ZR 210/13)