1.
Montageanleitungen eines Herstellers stehen den anerkannten Regeln der Technik nicht gleich. Daher stellt ein Verstoß gegen sie nicht zwangsläufig auch einen Ausführungsmangel dar.

2.
Die Vorgaben des Herstellers gehören aber dann zur vertraglich vereinbarten Beschaffenheit, wenn ihre Einhaltung vereinbart ist. Dabei ist von einer konkludenten Abrede auszugehen, wenn der Auftraggeber ein besonderes Interesse an der Einhaltung der Herstellervorgaben hat.

3.
Übertreffen die Vorgaben des Herstellers die Anforderungen, die allgemein üblich sind oder den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, darf der Auftragnehmer nicht eigenmächtig entscheiden, ob das bei einer abweichenden Ausführung bestehende Risiko eingegangen werden soll. Eine solche Entscheidung steht nach entsprechender Aufklärung über das Risiko allein dem Auftraggeber zu.
OLG Hamm, Urteil vom 02.09.2015 – 12 U 199/14

 

Sachverhalt:

In einem Bürogebäude kommt es nach dessen Fertigstellung zu einem ganz erheblichen Wasserschaden. Ursache war das Lösen einer Muffenverbindung an einem Abflussrohr. Es stellte sich heraus, dass der AN, der für die Sanitärinstallationen zuständig war, das Abflussrohr nur mit einer Schelle befestigt hatte, obwohl die Montageanleitung des Herstellers zwei Schellen vorsehen. Der AN ist der Auffassung, dass seine Leistung nicht mangelhaft ist, auch wenn sie tatsächlich von der Montageanleitung des Herstellers abweicht.

 

Entscheidung:

Das Gericht bestätigt zwar die Meinung des AN, dass ein Verstoß gegen die Herstellervorgaben nicht automatisch einen Mangel der Leistung bedeutet, da sie nicht unbedingt mit den anerkannten Regeln der Technik identisch sind.

 

Andererseits müssen sie dann eingehalten werden, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Wenn der AG ein spezielles Interesse an der Einhaltung der Hersteller Vorgaben hat, wird eine solche Vereinbarung angenommen.

 

Wenn die Herstellervorgaben über die anerkannten Regeln der Technik hinausgehen, darf der AN nicht einfach „nur“ nach den anerkannten Regeln der Technik arbeiten. Er muss den AG darüber aufklären, dass die Herstellervorschriften mehr verlangen als die anerkannten Regeln der Technik. Er muss dann die Entscheidung des AG abwarten, ob dieser bereit ist, dass Risiko einzugehen und auf die Einhaltung der Herstellervorschriften zu verzichten.

 

Praxistipp:

Die Entscheidung ist wenig überraschend; sie hält sich im Rahmen des bislang schon Bekannten.

 

Der Unternehmer muss auf jeden Fall immer beachten, dass sein Werk so funktioniert, wie es vertraglich vorgesehen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er dafür über Herstellervorgaben oder sogar über die anerkannten Regeln der Technik hinaus gehen muss. Die Funktionsfähigkeit des Werks muss auf jeden Fall sichergestellt sein. Das bedeutet auch, dass sein Werk mangelfrei ist, wenn die Arbeiten zwar nicht nach den Herstellervorschriften ausgeführt sind, es aber wie bestellt funktioniert – es sei denn, die Einhaltung der Hersteller Vorschriften ist vertraglich vereinbart.

 

Leider konkretisiert auch das OLG Hamm nicht genauer, wann von einem besonderen Interesse des AG an der Einhaltung der Herstellervorgaben auszugehen ist. Denn diesem Fall wird die Einhaltung der Herstellervorschriften von den Gerichten weit überwiegend als vertraglich vereinbart angesehen. Überwiegend wird angenommen, dass der AG immer ein besonderes Interesse an der Einhaltung sicherheitsrelevanter Vorschriften hat. Gleiches gilt in dem Fall, dass eine Nichteinhaltung der Herstellervorgaben zu einem erhöhten Mangelrisiko oder Schadensrisiko führen würde. In diesem Fall muss der AN den AG informieren und dessen Entscheidung abwarten.