Haben die Parteien einen Rahmenvertrag über die Ausführung von Bauarbeiten geschlossen, stehen die Mängelansprüche des Auftraggebers aus einem Bauvorhaben und der Werklohnanspruch des Auftragnehmers aus einem anderen Bauvorhaben in einem Gegenseitigkeitsverhältnis, so dass dem Auftraggeber gegenüber dem Zahlungsanspruch des Auftragnehmers ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Das gilt auch dann, wenn verschiedene Gewerke (hier: Fußbodenheizung einerseits und Elektoinstallationsleistungen andererseits) betroffen sind.

 

Sachverhalt:
Bereits seit langer Zeit beauftragt der Kunde einen Unternehmer regelmäßig für die Ausführung von Leistungen. Sie haben auch einen Rahmenvertrag mit Preisen für spezielle Leistungen, die immer wieder abgerufen werden, geschlossen. Der Unternehmer verlangt die Vergütung für Elektro-bzw. Heizungsarbeiten bei 2 Bauvorhaben des Auftraggebers. Der Auftraggeber seinerseits hält das Geld zurück mit dem Hinweis auf Mängel der Dämmung einer Fußbodenheizung bei einem weiteren Bauvorhaben.

 

Urteil:
Das OLG München (Beschluss vom 21.05.2015, Az: 13 U 4423/13 Bau) hat dem Auftraggeber Recht gegeben. Der BGH hat die Beschwerde des Unternehmers zurückgewiesen und damit dieses Urteil bestätigt.

Der Auftraggeber darf die Vergütung zurückbehalten. Das Recht steht ihm dann zu, wenn er aus einem gegenseitigen Vertrag eigene Ansprüche gegen den Auftragnehmer geltend macht. Die einzelnen Bauverträge würden nicht für ein Zurückbehaltungsrecht reichen, weil sie für unterschiedliche Bauvorhaben geschlossen wurden. Das Gericht sieht den erforderlichen gegenseitigen Vertrag aber in dem Rahmenvertrag. Dieser enthält nämlich bereits alle Kernpunkte der darauf beruhenden späteren einzelnen Bauverträge, insbesondere die Preise. Deshalb handelt es sich bei sämtlichen Ansprüchen aus den einzelnen Bauverträgen um gegenseitige Ansprüche, sodass ein Zurückbehaltungsrecht zulässig ist.

 

Praxistipp:
Die Entscheidung ist richtig. Sie führt dem Auftragnehmer noch einmal deutlich die Risiken eines Rahmenvertrags vor Augen.

Das Gericht weist darauf hin, dass auch das allgemeine Zurückbehaltungsrecht des BGB, dass keinen gegenseitigen Vertrag voraussetzt, hier zum Zuge käme. Dieses allgemeine Zurückbehaltungsrecht kann immer dann geltend gemacht werden, wenn die Ansprüche des Auftragnehmers (z.B. Zahlung des Werklohns) und des Auftraggebers (z.B. Mängelbeseitigung), die sich gegenüber stehen, „aus demselben rechtlichen Verhältnis“ (§ 273 BGB) stammen. Hierfür reicht es aus, dass die unterschiedlichen Aufträge auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt, der einen inneren Zusammenhang hat, beruhen. Ein solcher einheitlicher Lebenssachverhalt mit innerem Zusammenhang wird z.B. regelmäßig angenommen bei einer aktiven Geschäftsbeziehung, die schon längere Zeit dauert und bei der der Unternehmer regelmäßig Aufträge von seinem Kunden erhält. Genauso war es im vorliegenden Fall. Alleine die Erteilung von Aufträgen für unterschiedliche Bauvorhaben würde nicht ausreichen. Es muss schon eine Geschäftsbeziehung von einiger Dauer vorliegen. Es reicht auch der Beginn einer Geschäftsbeziehung aus, wenn die Parteien sich einig waren, dass sie in Zukunft zusammenarbeiten und weitere Aufträge, gegebenenfalls sogar nach festgelegten Kriterien wie z.B. Preise abwickeln wollen.

Wenn sich der Auftraggeber also gegenüber dem Vergütungsanspruch eines Auftragnehmers aus einem Bauvorhaben mit Mängeln aus einem anderen Auftrag verteidigt, sollte der Auftragnehmer immer prüfen, ob ein gegenseitiger Vertrag vorliegt oder jedenfalls ein einheitlicher zusammenhängender Lebenssachverhalt.